Belgien gewinnt den EA Lootbox Kampf
04 Februar 2019 | Christin AchenLootboxen („Beuteboxen“, auch als Loot Crates oder Prize Crates bekannt) sind virtuelle Kisten in Computerspielen, die eine zufällige Sammlung bestimmter Items („Artikel“), wie zum Beispiel Waffen und spezielle Gegenstände, enthalten. Diese können im Spiel freigeschaltet, gefunden oder gekauft werden.
Das Dilemma rund um diese Boxen ist in Europa nichts Neues. Kritiker unterstellen den Lootboxen schon länger ein gewisses Suchtpotenzial, weil damit beim Spieler bestimmte Erwartungen geweckt würden, und viele Länder Europas haben erklärt, dass diese Kisten einfach zu sehr an Glücksspiel erinnern würden, um ordentlich zugelassen werden zu können – ganz besonders, wenn sie in Videospielen integriert sind, die zu großen Teilen von Minderjährigen gespielt werden. Oft wird der Einsatz von Lootboxen auch deswegen kritisiert, weil viele Spiele, die auf den ersten Blick gratis verfügbar sind, dadurch in zahlungspflichtige Spiele umgewandelt werden. Außerdem würden damit sogenannte Pay-to-win-Systeme („Zahlen um zu gewinnen“) angetrieben, weil viele durch normales Spielen wichtigen Gegenstände plötzlich nicht mehr erreichbar sind oder nur als Kauf angeboten werden und bestimmten, vermögenden Spielern damit einen unfairen Vorteil bieten.
Ein besonders wilder Sturm der Empörung und Kritik tobte dabei um EA Games (Electronic Arts), den weltweit berühmten Hersteller und Publisher von Computer- und Videospielen. Die Lootboxen in dem 2017 erschienenen Computerspiel Star Wars: Battlefront II wurden so heftig kritisiert, dass sie im Internet für einen Shitstorm sorgten und den Börsenwert von Electronic Arts um 3,1 Milliarden US-Dollar gesenkt haben. EA bestehen aber darauf, dass es sich bei Lootboxen um keine Form von Glücksspiel handelt, weil es dabei kein Geld zu gewinnen gibt. Auch Entertainment Software Association (ESA), eine Organisation aus dem Zusammenschluss von mehreren großen Computerspiele Publishern wie Ubisoft, Activision, Take 2 Interactive und eben auch Electronic Arts, streitet die Vorwürfe auf Glücksspiel ab. Dies begründen sie damit, dass die Entscheidung immer beim Spieler liegt und es sich oft um optionale und optische Funktionen handelt, die sich nicht zwangsläufig auf das Gameplay auswirken und sich meistens auch so verdienen lassen.
Belgien bleibt hart
Unter all den Ländern, die sich gegen Lootboxen ausgesprochen haben, steht Belgien quasi an vorderster Front. Das Land hat der Verwendung von Lootboxen in Videospielen regelrecht den Krieg erklärt, und die dortige Kommission für Glücksspiel kam im April 2018 zu der Entscheidung, dass Lootboxen in Online Spielen illegal sind und aus dem Belgischen Markt zu verschwinden haben.
Vorher hatte man sich 4 verschiedene Online Spiele genauer angeschaut: Counter Strike: Global Offensive, FIFA 18, Star Wars Battlefront II und Overwatch. 3 dieser Spiele verletzten das Belgische Glücksspielgesetz, und nur Starwars Battlefont II wurde vom Vorwurf freigesprochen, Kindern und Jugendlichen quasi Elemente von Glückspiel anzubieten. Das lag aber vor allem daran, dass EA (nach den weiter oben beschriebenen Problemen bei der Veröffentlichung) sämtliche Lootboxen aus dem Spiel entfernt hatten.
Das Versäumnis, jegliche Arten von Lootboxen aus Online Spielen und Plattformen zu entfernen, wird in Belgien jetzt als Straftat gewertet, und die Betreiber können dafür mit bis 5 Jahren Gefängnisstrafe und einer Geldbuße von bis zu 975.000 US-Dollar bestraft werden. Der belgische Justizminister warnte in einer öffentlichen Stellungname ausdrücklich davor, wie gefährlich es vor allem für die geistige Gesundheit von jungen Menschen sei, Spiele und Glücksspiel miteinander zu vermischen bzw. zu verwechseln.
EA geben nach – vorläufig
EA ließen anfänglich verlauten, dass man sich gegen die Entscheidung der Belgischen Behörden bis zum Letzten wehren würde, und lehnten deren Ansichten mit einer starken Entschlossenheit ab, wobei sie auch die Möglichkeit in Kauf nahmen, in der Öffentlichkeit dafür nicht unbedingt positiv wahrgenommen zu werden. Lauf Andrew Wilson, CEO bei Electronic Arts, würden Lootboxen bei EA einerseits nicht als Glücksspiel betrachtet, weil den Spielern pro Box immer eine bestimmte Anzahl an Items automatisch zusteht, aber auch deswegen, weil man diese Items eben nicht gegen Geld eintauschen kann.
Viele Europäische Glücksspielbehörden sind aber eben eher der Auffassung, dass Lootboxen als eine Art Einstiegsdroge für Glücksspiel unter Minderjährigen zu betrachten sind, und auch die Regulationsbehörden in Belgien und den Niederlanden widersprechen den Argumenten bei EA. Zum einen würde es nämlich viele Privatplattformen bzw. Tauschbörsen geben, in den die Spieler ihre Artikel sehr wohl für Geld verkaufen würden, und wenn EA diesen Handel diesen Handel auch nicht direkt autorisieren würden, seien sie dennoch dafür verantwortlich. Dann gibt es auch noch Berichte über Jugendliche, die ihr Geld wiederholt in Lootboxen investieren würden, einfach in der Hoffnung, einen bestimmten (immer zufällig erscheinenden) Artikel zu erwischen, und dadurch bereits große Summen „verspielt“ hätten, was vom Prinzip her ja wirklich schon einem Spielautomaten entspricht.
Im September 2018 leiteten die Belgischen Behörden strafrechtliche Ermittlungen gegen EA ein, weil man sich dort nach wie vor weigerte, die verlangten Änderungen umzusetzen. Das schien den Spiele Hersteller dann doch zum Einlenken zu bewegen, bald darauf erfolgte nämlich die Bestätigung seitens EA, in der Sache nachzugeben. Belgische Spieler werden daher in ihren Spielen zwar nach wie vor Zugang zu den Bereichen mit Lootboxen haben und diese auch weiterhin öffnen können, jedoch werde die Möglichkeit, per Bezahlung für Punkte diverse Vorteile gegenüber anderen Spielern zu bekommen, effektiv ab 31. Jänner 2019 abgeschafft. Auch die Entwickler 2K Games, Valve und Blizzard lenkten in der Sache relativ schnell ein.
Es bleibt abzuwarten, was im restlichen Europa in dieser Sache geschehen wird. EA teilten mit: “Obwohl wir diese Maßnahmen durchführen, stimmen wir mit der Rechtsauffassung der Belgischen Behörden nicht überein, und wir werden uns in der Zukunft über diese Angelegenheit noch mehr Klarheit verschaffen.“
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